Als Michael Jesse kürzlich mit EU-Parlamentarier Eugen Freund die dritten Klassen besuchte, wurde eines schnell offensichtlich: Der Absolvent der Praxis-HAK Völkermarkt ist ein wahrer Weltenbummler. Bereits im Vorjahr gab er Lukas Kuchling und Philipp Wetzl, Schüler des Ausbildungsschwerpunkts Multimedia und Informationstechnologie, in einem ausführlichen Interview Einblicke in seinen Werdegang, der ihn nach der Reife- und Diplomprüfung im Jahr 1996 – Klassenkollege in der 5BK war unter anderem Völkermarkts heutiger Vizebürgermeister Markus Lakounigg – an die Wirtschaftsuni Wien führen sollte. Sie war für Jesse aber nur ein Zwischenschritt: „Ich habe immer groß gedacht. Das wollten andere vielleicht nicht, weil ihnen die Herausforderung zu groß war.“

Michael Jesse, Gründer des Softwareunternehmens RISQ und Absolvent der Praxis-HAK Völkermarkt 1996

Nach dem Studium konnte er sich unter tausenden Bewerbern beim Finanzdienstleister Reuters durchsetzen. „Schon beim Aufnahmeverfahren hat sich gezeigt: Egal, was du studiert hast, wer du bist, wo du herkommst – es zählt die Leistung.“ Für Reuters wirkte Jesse unter anderem in Genf, den USA, Singapur und Dubai, das Reisen zählt auch heute noch zum Alltag. „Ich bin ein Globalist, der sich schnell überall anpassen kann und heimisch fühlt. In manchen Phasen wusste ich aber nur an der Größe des Reisekoffers, ob ich nach Norden oder Süden unterwegs war.“ Mittlerweile wurde er in Velden am Wörthersee heimisch, agiert aber weiterhin weltweit. Jesse gründete das Start-Up RISQ, das vor allem im Nahen Osten und in Südostasien Bankensoftware verbreitet – und einen Firmenwert im Millionenbereich vorzuweisen hat. „Ich habe immer über das Regionale hinausgedacht und -das ist dann etwas außer Kontrolle geraten.“

Mutmacher für die nächste Generation: „Ihr steht auf der Bühne“

Wenn Jesse, der als Privatpilot auch in seiner Freizeit gerne abhebt, an seine frühere Schule zurückkehrt, beeindruckt er Schüler/innen, manche fühlen sich aber auch unter Druck gesetzt. Er relativiert: „Jeder hat das Potenzial, ich bin nichts Besonderes. Ich habe mir früh Ziele gesetzt und gemacht, was mir gefallen hat.“ An seine Schulzeit erinnert er sich gerne, wenn auch lieber an das analytische Denken in Mathematik als an Stenographie. „Die HAK war auf meinem Weg sicher der wichtigste Schritt, sie war der erste Puzzlestein. Heute noch mehr als damals ist die Schule aber gefordert, nicht nur Wissen für die Matura zu vermitteln, sondern Visionen vorzugeben und junge Leute dabei zu unterstützen, Ideen und Ziele zu entwickeln.“

„Ihr steht auf der Bühne, ihr seid die Darsteller.“

– Michael Jesses Botschaft an die HAK-Schüler/innen von heute

Letzten Endes sei aber doch der Einzelne am Zug, seine Träume zu verwirklichen und Chancen zu ergreifen – auch außerhalb der persönlichen Komfortzone. „Man kann nichts verlieren und immer zurückkehren. Dann sind die Leute eben ein wenig älter geworden und es gibt zwei, drei Häuser mehr. Aber es geht um die Gegenwart und nicht um das, was in dreißig Jahren sein könnte.“

Das Interview mit Michael Jesse finden Sie jetzt auf YouTube:

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Michael Jesse im Jahresbericht 2004

Gemeinsam mit dem Absolventen und heute weltweit agierenden Softwareunternehmer Michael Jesse gastierte der frühere ORF-Journalist und heutige EU-Parlamentarier Eugen Freund an der Praxis-HAK Völkermarkt. Auf Einladung von Prof. Martin Erian und Prof. Felizitas Wedenig gaben sie den Schüler/innen der dritten Klassen in einem launigen Gespräch Einblicke in ihre bewegten Leben, die aus dem Bezirk Völkermarkt über Wien in die weite Welt führten. Der Bogen reichte zurück bis zu den Anfängen: Freund berichtete von seinem beschwerlichen Weg von Sankt Kanzian am Klopeiner See in die Schule nach Klagenfurt – Fußmarsch und winterliches Autostoppen inklusive! -, Jesse zeigte, wie er es von der Handelsakademie Völkermarkt zur Karriere beim Weltkonzern Reuters und zur Selbständigkeit gebracht hat. Jesse betonte: „Ganz entscheidend ist es, eine eigene Vision zu entwickeln und diese zu verfolgen. Die Umbrüche in der Welt stellen uns vor ganz neue Herausforderungen, denen wir nicht aus dem Weg gehen dürfen.“Eugen Freund_Widmung

Der langjährige USA-Korrespondent und frühere Zeit-im-Bild-Moderator Freund, seit 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments berichtete aus seinem Alltag als hochrangiger Politiker zwischen Brüssel, Straßburg, Wien und Kärnten und ließ erkennen, wie hoch dabei auch die Belastungen sind. Auf YouTube sowie auf seiner Homepage berichtet er wöchentlich. Freund: „Viele Menschen sehen nur das Glänzende nach außen und meinen, wir würden abcashen. Tatsächlich ist es harte Arbeit mit einer sehr großen Verantwortung.“ Er erläuterte auch den Perspektivenwechsel, den er vom Politikjournalisten zum Europapolitiker, der nun selbst mit Fake-News zu kämpfen hat, selbst durchlaufen hat. „Auch wenn ich die nationale und vor allem internationale Politik vor Jahrzehnte begleitet habe, sehe ich heute manche Dinge anders.“

Den Fokus legten beide jedoch auf die Frage der Anforderungen an Jugendliche in der Gegenwart sowie in der Zukunft, Jesse nannte dafür exemplarisch das Start-Up Lilium Aviation, das an einem unbemannt fliegenden Taxi arbeitet. „Ich war in meiner Schulzeit der Erste mit einem Handy, die meisten haben keinen Sinn darin gesehen. Außerdem haben wir fünf Stunden pro Woche stenographiert. Heute sieht der Alltag ganz anders aus – und in zwanzig Jahren macht vielleicht niemand mehr den Führerschein.“

Übrigens: Michael Jesse stand im Rahmen eines Maturaprojekts im Vorjahr einer Schülergruppe in einem Interview Rede und Antwort – die Highlights finden Sie demnächst online!


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Nicht nur für Kärnten stellt Infineon Technologies Austria einen wichtigen Innovationsmotor sowie Arbeitgeber dar, auch im internationalen Geschäft ist der Halbleiterhersteller ein Big Player. Am Standort Villach sitzt mit Christiana Zenkl eine Absolventin der Praxis-HAK Völkermarkt an einem wesentlichen Schalthebel, fungiert sie beim Milliardenkonzern doch als Personalchefin für Österreich. Knapp vor ihrem dreißigjährigen Maturatreffen stellte sich Zenkl im Vorjahr den Fragen der angehenden Absolventen Lukas Kuchling und Philipp Wetzl (beide 5AK), die von Prof. Martin Erian nach Villach begleitet wurden.

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Mag. Christiana Zenkl, Personalchefin bei Infineon Technologies Österreich, maturierte an der Handelsakademie Völkermarkt

Rebellion gegen die Eltern als Karrieremotor

„Ich bin an die HAK gekommen, weil ich nicht den Lehrberuf wählen wollte, den sich meine Eltern gewünscht haben – Schneiderin.“ Zenkls Karriere an der Handelsakademie Völkermarkt nahm im Jahr 1982 ihren Ausgang und fiel damit mit dem Bezug des damaligen Neubaus zusammen. Doch nicht nur deswegen sind die Erinnerungen positiv: „Wir hatten tolle Lehrer, die über ihr Fachgebiete hinaus die Seelsorger für pubertierende Jungs und Mädels waren.“

Nach der bestandenen Matura folgte ein Jahr zur Orientierung als Aupair-Mädchen, ehe Zenkl an der Universität Klagenfurt Betriebswirtschaft studierte. „Ich wollte noch nicht arbeiten, ich wollte etwas lernen.“ Zu Siemens, dem Mutterkonzern von Infineon, führte Zenkl eine Mitarbeiterbefragung – und das kleine Projekt sollte der Beginn einer großen Karriere sein. „Der Job war nur für ein halbes Jahr geplant und daraus ist dann viel mehr geworden.“

„Veränderungen mitgehen“: Neue Möglichkeiten für die junge Generation

Zenkl stellte sich den Fragen der nächsten Generation

Als Head of Human Ressources ist Zenkl heute eine bedeutende Stimme, wenn es um die Perspektiven junger Menschen geht. „Das Spektrum für angehende Maturanten ist in den letzten zwanzig Jahren viel breiter geworden. Dass Mathematik heute wieder Pflicht ist, ist eine gute Entscheidung. Damit hat ein Absolvent bessere Basics, auch für ein Studium, das nicht BWL heißen muss.“ Die Reifeprüfung stellt für Zenkl daher ein wichtiges Fundament der persönlichen Entwicklung dar, die weiteren Schritte gilt es jedoch gut zu überlegen. „Man soll nicht des Studierens wegen studieren und sich die Fachwahl gut überlegen.“

Wenig überraschend streicht Zenkl die Bedeutung der MINT-Fächer – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – hervor, betont im vielzitierten Zeitalter der Digitalisierung aber auch die Relevanz von Allgemeinbildung, Neugier und der richtigen Einstellung. „Flexibilität war immer schon notwendig, aber die Anforderungen werden andere. Das verlangt ganz große Bereitschaft, die Veränderungen mitzugehen, dazuzulernen und sich weiterzuentwickeln.“

Über den Stellenwert praxisnaher Ausbildung, ihre eigenen schulischen Leistungen und ihre Rolle beim Verschieben von Schularbeiten spricht Christiana Zenkl im Interview auf YouTube:

Am heutigen Vormittag stand gleich für drei Klassen wieder einmal gehörige Abwechslung am Programm: Die Mitarbeiter/innen der Junior Companies Wellax und FeelGreat sowie die Schüler/innen der 3AK absolvierten einen Workshop mit der Bloggerin Lydia Kulterer. Die junge Kärntnerin präsentierte ihr erfolgreiches Projekt We Go Wild und erklärte den Jugendlichen, wie der Alltag einer Bloggerin im Coworking Space tatsächlich abläuft.

Dabei zeigte Kulterer, dass es nicht nur wunderbare Adjektive für den ultimativen Blogeintrag benötigt, sondern auch den einen oder anderen Kniff, um im World Wide Web die nötige Sichtbarkeit zu erlangen. So entwickeln sie und ihr Team in mehrstufigen Verfahren jene Beiträge, die die Zielgruppe tatsächlich ansprechen – und die Suchmaschinen wie Google an möglichst prominenter Stelle platzieren. Mit Verweis auf die zunehmende Bedeutung von Videos im Netz sprach Kulterer über ihr Vorhaben, künftig auch einen eigenen YouTube-Kanal zu bespielen. Derzeitiger Haken: 85% der über 200.000 monatlichen Klicks stammen aus Deutschland und spießen sich damit gelegentlich mit dem Kärntner Dialekt.

Aus Sicht der Workshopteilnehmer/innen stellte Kulterers Gastspiel in mehrerer Hinsicht einen wichtigen Impuls dar. Die Junior Companies haben neue Einblicke erhalten, worauf sie bei ihren Social-Media-Aktivitäten verstärkt zu achten haben, die Schüler/innen der 3AK konnten ihre grundlegenden Kenntnisse zum Thema Bloggen vertiefen. Sie sind von der Tourismusregion Klopeiner See-Südkärnten damit beauftragt worden, selbst schreiberisch aktiv zu werden und im Frühjahr 2018 mit eigenen Texten neue touristische Perspektiven auf die Region zu werfen.

Für Kulterer, die derzeit auch begeisterte Schreib- und Fototalente sucht, war es eine Heimkehr an ihre alte Wirkungsstätte, maturierte sie doch im Jahr 2008 an der Praxis-HAK Völkermarkt. Ihr Fazit auf Instagram: Loved it!


 


16 Jahre nach der bestandenen Reife- und Diplomprüfung an der Praxis-HAK Völkermarkt erntet Gernot Fleiss als Gesellschafter und Head of Sales des IT-Unternehmens Symvaro die Früchte innovativer Arbeit. Für die digitalen Lösungen im Bereich Abfall- und Wasserwirtschaft und die App Waterloo wurde das Kärntner Start-up zuletzt in das Umweltcluster Bayern aufgenommen und für den europäische CESA Award in den Kategorien „Start-up des Jahres“ und „Beste Smart-City-Lösung“ nominiert. Nun folgte die Auszeichnung als „Austrian Start-up of the Year 2017“. Für Fleiss auch ein Anlass, an die schulischen Wurzeln zurückzudenken. „Ich bin mächtig stolz auf unseren Erfolg. Als Völkermarkter Absolvent kann man also vieles aus sich machen.“

Die Auszeichnungen bilden den Höhepunkt eines langen Weges, der Fleiss nach der Matura an die Wirtschaftsuniversität Wien, aber auch zum ORF, ins Parlament und ins Staatssekretariat für Wirtschaft geführt hat. „Nach sieben Jahren in Wien packte mich dann das Heimweh und ich ging zum Alpenländischen Kreditorenverband in Klagenfurt.“ Nach einem Auslandseinsatz mit dem österreichischen Bundesheer in Pristina stieg er Ende 2013 bei Symvaro ein. „Alles Weitere ist eine Erfolgsgeschichte, die nun international weitergehen soll.“

Gernot Fleiss

Internationale Erfolge im Blick: Absolvent Gernot Fleiss

Als innovativer Unternehmer, der sich für Fragen der Nachhaltigkeit interessiert, kann Fleiss viele Inhalte seiner schulischen Laufbahn heute in der Praxis umsetzen, zugleich dient er als ein mögliches Vorbild für aktuelle Schüler/innen. Für sie hat er auch klare Empfehlungen parat: „Weg aus der Komfortzone und Erfahrungen sammeln. Seid authentisch und steckt euch eure eigenen Ziele!“ Was von der Zeit an der Praxis-HAK bleibt? „Fachkompetenz und viele schöne und tiefe Freundschaften, auch zum Lehrpersonal. Und ganz oben stehen die Erinnerung an die tolle Crew der Kantine und das Schinkenstangerl von der Hanni.“