Fritz Klaura, Holzbaumeister aus Bad Eisenkappel und Vertreter von pro:Holz Austria, gastierte anlässlich des Jahresthemas „Nachhaltig die Region gestalten“ gleich zwei Mal an der Praxis-HAK Völkermarkt – beim Wirtschaftstag im Februar sowie für Workshops mit den dritten und vierten Klassen.
Im Interview arbeitet er das Konzept der Nachhaltigkeit noch einmal umfassend auf und erklärt, was er Jugendlichen weitergeben möchte.
Was verstehen Sie persönlich unter dem Begriff „Nachhaltigkeit“ und welche Bedeutung besitzt er für Ihren Beruf?
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wurde vom bayrischen Forstmann Carl von Carlowitz anno 1713 definiert. Er meinte, dass wir dem Wald nur so viel entnehmen dürfen, wie wieder nachwächst. Damit meinte er, die Natur nicht über Gebühr zu belasten, weil sie uns auch Schutz gibt. Der Wald schützt uns vor Bodenerosion, er speichert und filtert das Wasser, ernährt Tiere, schenkt uns seine Früchten usw. Der Begriff Nachhaltigkeit war in der Vergangenheit und ist jetzt erst recht aktuell und gültig; er ist auf all unsere Lebensbereiche anwendbar. Eigentlich könnte man sich selbst prüfen und die Frage stellen, was man zum Leben alles braucht. Und da stellt sich dann ganz schnell heraus, dass wir im wahnsinnigen Überfluss leben, doch eigentlich nicht viel benötigen würden. Die Genügsamkeit kommt hier ins Spiel.
Beruflich gestaltet sich die Beantwortung etwas zwiespältiger. Einerseits möchte ich keine Umweltschädigung durch mein Dasein hervorrufen, anderseits bin ich beruflich in Sachen Holz sehr viel unterwegs. Nun beruhige ich mein Gewissen etwas und rechne mir vor, wie viel schädliche Treibhausgase – speziell das CO2 – auf Grund meines Wirkens, Holzhäuser zu bauen, vermieden oder gar konserviert wurden. Meine jährliche PKW-„Spitzenleistung“ lag bei 100.000 Kilometer. Baut man ein Einfamilienhaus (ca. 150m² Wohnfläche) in Massivholz, so wird im verbauten Holz ein CO2-Äquivalent von 450.000 Kilometer (gefahren mit einem Mittelklasse-PKW) gespeichert. Denn erst wenn wir mit Holz bauen, etwas gestalten, nehmen wir dieses im Holz gespeicherte CO2 aus dem Stoffkreislauf und konservieren es so lange, bis es wieder vermodert oder verbrannt wird und so viel CO2 freisetzt, wie es der Baum zu Lebzeiten gebunden hat. Das nennt man dann zu tiefst nachhaltig. Das beruhigt mich ein wenig.
Sie arbeiten auch im Auftrag von pro:Holz Kärnten. Welche Ziele verfolgt diese Institution?
pro:Holz Kärnten ist ein Verein. Die Mitglieder sind selbst Institution wie der Fachverband der Sägeindustrie, die Landwirtschaftskammer, die Landesinnungen der Tischler, der Holzbaumeister usw. Das Ziel ist es, die heimische Verwendung von Holz in allen Bereichen der möglichen Anwendungen zu steigern. Bedacht genommen wird dabei natürlich auf die sinnvolle Verwendung von Holz und auch der nachhaltigen Nutzung, wie es Carl von Carlowitz schon 1713 definiert hat. Im Übrigen haben wir seit dieser Zeit ein Forstgesetz, welches ständig verfeinert und geschärft wurde, womit es heute als das strengste der Welt gilt. All diesen Dingen sind wir im Sinne der nächsten Generationen verpflichtet.
Nachhaltige Produkte gehören häufig einem gehobenen Preissegment an. Welche Vorteile bieten sie dem Kunden?
Es stimmt nicht, dass nachhaltige Produkte teurer und im oberen Preissegment zu finden sind. Nachhaltige Produkte sind langlebiger, universeller, wiederverwendbar, in den meisten Fällen auch biologisch abbaubar und verursachen bei der Herstellung wenige oder gar keine Emissionen, konservieren CO2, wie es bei Holz der Fall ist, und beim Recycling sind sie günstiger. In vielen Fällen ermöglichen erst nachhaltige Produkte eine spezielle Nutzung. Das beste Beispiel sind langlebige Holzbauten, die keinen Cent mehr kosten als in anderen Systemen hergestellte Objekte. Die Lebenszykluskosten eines Produktes sind maßgeblich für die Begriffe billig oder teuer. Aber letztlich bewahrheiten sich die alten Sprichwörter immer: „Billig gezahlt ist teuer gekauft“.
Steigt die Nachfrage nach solchen Produkten? Lassen sich die Menschen zu nachhaltigem Leben erziehen?
Im Lebensmittelbereich haben wir ein gutes Beispiel für das Konsumentenverhalten. Alle wollen Bioprodukte, doch letztlich greifen viele wieder zum Billigramsch aus den Agrarfabriken und nicht zu heimischen Qualitätsprodukten, bei denen man weiß, wie sie entstehen, und wo man auch einmal zuschauen kann. „Steter Tropfen höhlt den Stein“ heißt es. Das trifft auch auf unsere Arbeit zu und ich hoffe, dass es zu keiner Sisyphusarbeit ausartet. Im Bereich Holzanwendung spüren wir in den letzten Jahren doch einen starken Aufwärtstrend und die Vorzüge des Holzbaus setzen sich durch. Dies aber nicht, weil Holzbauten so nachhaltig sind, sondern weil sie einen hohen Mehrwert gegenüber anderen Systemen bieten. Schließlich stellt eine Bautätigkeit bei den meisten Konsumenten die größte Investition des Lebens dar und da setzt man dann doch auf Mehrwert, Komfort und Gesundheit. Ein Glück, dass sich da höchste Qualität und Nachhaltigkeit treffen und zeigen, wie’s gehen kann.
Beim Wirtschaftstag haben Sie mit zahlreichen Schüler/innen gesprochen. Welche Botschaft haben Sie den Jugendlichen mitgegeben?
Die meisten wussten nicht, woher dieser Begriff kommt und wie er von Carl von Carlowitz definiert wurde. Nachhaltigkeit bezieht sich nicht nur auf Wald und Holz. Eigentlich sollten wir uns immer prüfen, ob unser Handeln nachhaltig ist. Alle Bereiche des täglichen Lebens sind von Nachhaltigkeit begleitet; wenn wir es nur richtig auffassen und verstehen. Letztlich haben wir nur einen Globus zur Verfügung und wir leben als hätten wir mindestens zwei davon. In den USA bräuchte man schon vier davon! Wir müssen uns daher einschränken und unser handeln stets nach Ressourcenverbrauch hinterfragen. Nicht beim Nachbarn anzufangen, sondern bei einem selbst. Das ist die Devise!
Vertreter einer Wegwerfgesellschaft oder Hoffnungsträger im Fridays-for-Future-Zeitalter: Welchen Eindruck haben Sie von den Jugendlichen gewonnen?
Manche verstehen sehr wohl, wie dringend es ist, genügsamer zu sein. Nur wie das geht, wird den Jugendlichen nicht richtig vorgezeigt. Vorleben und vorzeigen ist unbedingt notwendig. Diese Jugendlichen springen dann sofort auf und sind auch bereit, das System Nachhaltigkeit in all seinen Facetten nachzuvollziehen.
Andere wiederum sehen die Fridays-for-Future-Bewegung als schick an und wollen einfach nur dabei sein, weil andere auch dabei sind. Nach dem Prinzip „in ist, wer drin ist“. Und wenn nicht im Elternhaus und/oder Schule die Nachhaltigkeit vorgelebt wird, bleibt sie eine Floskel. Den Menschen muss man Nachhaltigkeit wieder beibringen.
Letztlich habe ich Hoffnung, dass jene Jugendlichen, die meinen Vortrag gehört haben auch verstehen, um was es bei Nachhaltigkeit geht und künftig danach handeln. Ehrlich. Im täglichen Getriebe und der gesellschaftlichen Zwängen gelingt’s mir ja auch nicht immer.