Nur einen Steinwurf von der Praxis-HAK entfernt findet sich in Völkermarkt die Steuerberatungskanzlei Convisio. Ihr Mitbegründer und Gesellschafter Franz Slamanig drückte Mitte der Achtzigerjahre an Südkärntens Handelsakademie die Schulbank und kehrt heute immer wieder gerne an seine alte Wirkungstätte zurück. Beim alljährlichen Wirtschaftstag gibt er den Jugendlichen Einblicke in seinen Alltag, jedes Jahr erhält vorzugsweise eine Schülerin bzw. ein Schüler einen Praktikumsplatz in der Kanzlei. die mit rund fünfzig Mitarbeiter/innen an vier Standorten zu den größten in Kärnten zählt.
Im Interview – in gekürzter Form im Jahresbericht erschienen – berichtet Slamanig über seinen Werdegang.
Vom Absolventen zum führenden Experten und wichtigen Praxisgeber – Wie kam es dazu?
Nach der Matura studierte ich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit den gefürchteten Schwerpunkten Revision, Treuhand und Steuerrecht. Das war die Basis meiner weiteren Karriere. Ich kam dann nach Kärnten zurück, wurde Berufsanwärter und nach den Prüfungen zum Steuerberater ernannt. 1999 habe ich voller Stolz mein erstes Taferl als Selbständiger aufgehängt. Heute ist unsere Kanzlei eine der größten in Kärnten.
Gemeinsam mit Jochen Neubert haben Sie später Convisio gegründet. Mit welchem Ziel?
Nach dem Schritt in die Selbständigkeit ist die Kanzlei rasch gewachsen, ein Jahr später kam es zur Partnerschaft mit Jochen Neubert, die bis heute andauert. Der Name Convisio mit dem Slogan „refining business“ soll darauf hindeuten, dass wir unseren Kunden nicht ihr Geschäft erklären, es mit Visionen aber vielleicht noch verfeinern können. Wir sind sicherlich keine Wunderwuzzis, sondern normale Arbeiter, aber immer mit dem Anspruch, auch dann eine Lösung zu finden, wenn es auf den ersten Blick keine mehr gibt. Dafür lassen wir Ideen zusammenlaufen und bündeln Kompetenzen. Das ist das Rezept – und natürlich Arbeitseinsatz.
Wie sehr hat Sie die Schulzeit auf diesem Weg geprägt?
Die Praxisorientierung, die ich für sehr wichtig halte, gab es damals noch nicht. Ich hatte zum Glück eine große Schwester, die mir die Bedeutung von Soll und Haben früh erklärt hat, und mit Marian Schirnig einen Lehrer in Rechnungswesen, der mein Feuer entfacht hat. Insgesamt verbinde ich mit der Schule die Erinnerung, dass man uns nicht abgeschreckt, sondern ermutigt hat, Ziele zu verfolgen.
War es für Sie immer klar, die Völkermarkter HAK zu besuchen?
Das war es zunächst überhaupt nicht. Meine Schwester war natürlich ein wichtiger Faktor, aber zuerst wollte ich in die HTL. In Klagenfurt war aber kein Platz, nach Wolfsberg wollte ich nicht. Gleichzeitig war mir auch klar, dass ich nicht im Gymnasium bleiben wollte, weil mir schon die Unterstufe gezeigt hat, dass ich nicht das Sprachengenie bin, sondern dass meine Stärken im mathematisch-analytischen Bereich liegen.
Sie arbeiten auch immer wieder mit Schüler/innen. In welcher Form?
Jedes Jahr bieten wir einen Praktikumsplatz an, vorrangig für Jugendliche der Praxis-HAK Völkermarkt. Mehr als eine Stelle gibt es allerdings nicht, weil wir den Ehrgeiz haben, mit dieser Person dann auch intensiv zu arbeiten und ihr Erfahrungen zu ermöglichen. Schüler sollen möglichst viele Facetten kennenlernen, weil das Rechnungswesen für sie große berufliche Perspektiven bietet.
Heute ist die Digitalisierung in aller Munde. Wie sehr ist Ihr Bereich davon betroffen?
Enorm – und wir, die täglich in diesem Feld arbeiten, bemerken es oft kaum. Deutlich wird es erst, wenn etwa eine Mitarbeiterin in Karenz geht und nach drei Jahren größte Schwierigkeiten hat, mit den Neuerungen in den einzelnen Programmen zurechtzukommen. In zwanzig Jahren hat sich alles verändert, mit den Behörden kommunizieren wir ausschließlich online. Früher haben wir Unterlagen beim Finanzamt noch ins Postkastl geworfen.
Gezittert wird deshalb um Arbeitsplätze. Was raten Sie jungen Menschen?
Die Veränderung ist nicht aufzuhalten, auch die Verarbeitung von Belegen übernehmen immer öfter Maschinen. Für junge Menschen heißt das, dass sie ein hohes Ausbildungsniveau und hohe Flexibilität mitbringen müssen, noch mehr als es bei uns der Fall war. Aber nicht nur die Technik ist ein Faktor, auch die inhaltlichen Fragen werden komplexer, zum Beispiel im Umsatzsteuerrecht. Die Halbwertszeit des Wissens schwindet, letzten Endes geht es aber vor allem um die richtige Haltung. Drei Stunden Arbeit am Tag reichen einfach nicht.
Sie haben eine sehr erfolgreiche, aber doch auch typische Laufbahn für einen HAK-Absolventen eingeschlagen. Welche Karrierewege Ihrer einstigen Kollegen haben Sie überrascht?
Da fallen fallen mir gleich zwei ein. Ein Klassenkamerad, mein bester Freund zu Schultagen, ist Pastor geworden, hat dafür Religionswissenschaften in England studiert und arbeitet heute im Sozialbereich. Eine meiner besten Freundinnen wiederum ist Psychotherapeutin und hat eine schöne Praxis in Wien. Diese Wege sind im Vergleich zu meinem sicher ungewöhnlich. Sie sagen, die HAK hat ihnen nicht geschadet, sie haben sich aber erfolgreich in eine andere Richtung entwickelt.